Ramona Raabe
  • Viel Drama, wenig Dramaturgie: „Batman vs Superman – Dawn of Justice“ – Filmkritik
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Viel Drama, wenig Dramaturgie: „Batman vs Superman – Dawn of Justice“ – Filmkritik
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Diese Helden kennen Stärke, nicht Diplomatie. DC lässt seine Giganten bildgewaltig gegeneinander antreten. Kritik an an einem Film, der trotz seiner Schwächen eine Freude war.

Mann aus Stahl gegen Dunklen Ritter
In Erwartung einer Fortsetzung zu Man of Steel aus 2014 wäre es ein nachvollziehbares Handeln, neben der Supermarkt-Cola auch noch Ohrstöpsel ins Kino zu schmuggeln. Was als Erinnerung aus diesem Film blieb, neben dem schönen, etwas arg muskulösen Henry Cavill in seinem Debüt als der extraterrestriale Retter, sind düstere Farben, die rotstählernen Strahlenblicke („Hitzeblick“), ansonsten: Sprengen, Krachen, Splittern, Zerschellen, Bersten, Knallen, Dröhnen, Rauschen, Rattern – alle Geräusche, die in irgendeiner kreativ-destruktiven Weise Trümmern vorausgehen. Vielen Trümmern. Trümmern einer riesigen Stadt, Städte wie Metropolis und Gotham.
An dieser Stelle knüpft die Story Batman vs Superman an – während letzterer die Welt rettete, brachte er zugleich große Zerstörung  und Tod in seine Mitte. Eine Tatsache, die in nahezu allen Action-Filmen vorkommt, aber nicht thematisiert wird. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Inwieweit ist solch ein Handeln noch moralisch, inwieweit gefährlich? Und ist sein Verursacher somit zur Strecke zu bringen? Unbedingt, meint Batman.

Viel Drama ohne Dramaturgie
Es wäre zu wünschen gewesen, Regisseur Zack Snyder hätte das Drehbuch noch einige weitere Male in Revision gehen lassen, sodass die Geschichte eines 2, 5 h – Filmes sich nicht ausreichend in drei Sätzen ohne Schwierigkeiten zusammenzufassen ließe. (Was an dieser Stelle natürlich unterlassen wird). Oder Produzent Christopher Nolan, der sich eben durch sein tiefsinniges, episches Erzählen und vielschichtige Figurenzeichnungen als Regisseur beispiellos für das gesamte Comic-Genre mit seiner Batman-Trilogie beachtliche neue Maßstäbe gesetzt hat, hätte ein wenig mehr von seinem Fingerabdruck hinterlassen. Da hilft es nicht genug, dass wie auch in Nolans Gotham-Reihe David S. Goyer an diesem Drehbuch maßgeblich beteiligt war.

Eben diesen Maßstäben kann Snyders Reihe nicht gerecht werden, das zeigt sich beim nun zweiten Film deutlich. Auch wenn Superman v Batman sich viel Mühe gibt: Er erreicht nicht die suggerierte Vielschichtigkeit, trotz Rückblenden, (Alb)-Traumsequenzen und vielen Einblicken in die Psychologie der Figuren bleibt es eine Art Kratzen an bekannten Oberflächen etablierter Stereotype.


Starke Darsteller, starke Limitierungen
Sowohl Batman als auch Superman entsprechen dem modernen Superheld: Vorgeprägt und immer wieder eingeholt von Kindheitstraumata (meistens der Tod eines nahen Familienangehörigen, den sie nicht verhindern konnten), kämpfen sie für das, was sie für moralisch halten. Für Batman bedeutet es das Bekämpfen des Verbrechens, für Superman die gemeinnützige Nutzung seiner Kräfte. Batman, der Jäger; Superman, der Retter.

Der moralische Kampf geschieht für Superman in dieser Verfilmung ein wenig unfreiwilliger als für Batman, ein wenig bedrückter, verzweifelter. Über Batman hingegen erfährt der Zuschauer nicht ausreichend genug: Es ist fast spürbar, dass hier doch mindestens zwei Szenen fehlen, die uns diesen Charakter, dem wenig Tugendhaftigkeit nur geblieben ist, sondern etwas dickköpfiges, fast schon kindisches in seiner Hass-Rivalität zu Superman anhaftet, besser verstehen lassen. Mehr Roboter als Ritter bewegt sich Ben Affleck ein wenig klobig in massiver Rüstung und scheint auch sonst nie die Chance zu bekommen, Batman gebührend darzustellen.
Dass dieser Batman nicht an Christian Bales Variante anknüpfen kann, liegt nicht in Afflecks schauspielerischer Leistung begründet, sondern an dem Skript, aus dem sich Vergleichbares nicht schöpfen lässt. Den vielen Protestlern und Zweiflern zum Trotz macht Affleck seine Sache gut.
Und auch Henry Cavill, zweitmalig in der Rolle des Clark Kent/Superman, überzeugt in einer Art stählernen Zärtlichkeit, und gewinnt an überzeugenden, charakterlichen Konturen in dieser Fortsetzung des Man of Steel.

Jesse Eisenberg hingegen erinnert als Lex Luthor in dem in seinem Sozialverhalten auffälligen, suggerierten Genietypus an seine Rolle des Mark Zuckerberg in David Finchers The Social Network (2010), diesmal nur etwas humorvoller, deutlich manischer. Der Größenwahnsinn nimmt apokalyptische Ausmaße an, er, der in hohen Tonlagen lachende Psychopath mit dem zotteligen Haar  – war das nicht der Joker, nur besser?  -, giert machtbesessen nach dem großen, von ihm inszenierten Showdown. Leider schmückt ihn diese Albernheit nicht mit angsteinflößenden Respekt vor dem Unberechenbaren, sondern einer Art unfreiwilligen Lächerlichkeit. Auf unstimmige Weise wirkt dieser Luthor so viel jünger als seine Gegenspieler, und spielt in einer anderen Liga.

Hans Zimmers Soundtrack ist dabei stellenweise so dramatisch und orchestral aufgeladen, dass man sich nicht sicher ist, ob der sonst eher fehlende Humor des Films sich hier in einem selbstironischen Kommentar finden lässt. Dabei liegt in dieser Ernsthaftigkeit jedoch eine der herausragenden Stärken des Films: Das Streben zum Guten (Superman) und die Prävention des Bösen (Batman).

Nach Marvels erfolgreichen THE AVENGERS legt DC Comis nach und vereint zwei Giganten seines Universums – nicht ohne für die Einbindung weiterer und den Ausbau der Franchise deutliche Grundsteine zu legen. Wonder Woman (Gal Gadot) legt einen schon im Trailer zu bestaunenden, episch anmutenden Erstauftritt hin, wirkt aber außer ihres optischen Werts leider etwas deplatziert in der Geschichte – verschenktes Potential für eine starke Frauenfigur, die auch Amy Adams als Louis Lane in diesem Drehbuch nur bedingt darbieten kann. Über allen Szenen Wonder Womans schwebt eine Art imaginäres Schild, auf dem so etwas geschrieben steht wie: Ich bin der weibliche, sexy Zusatz, der mysteriös bleibt; bin dabei auch stark, Männer müssen mich nicht retten!; eigentlich aber möchte ich mich nur schon mal vorstellen für die nächsten Filme!… und meine Justice League-Freunde warten in den Startlöchern…! 


Irreführendes Marketing
Ohne vorweg zu nehmen, worum es geht, sei verraten, worum es weniger geht: Batman vs Superman. Es geht nicht um den Kampf zwischen „Mensch und Gott, „Tag und Nacht“ oder mit welchen weiteren großen, vermeintlichen Oppositionen dieses angebliche Giganten-Battle in Trailer vorgezeichnet wird. Der Titel wäre ein anderer, aber er klingt weniger cool, und würde zu viel verraten. Zu Recht wurde vorher bezweifelt, wie ein solches Gefecht sich überhaupt gestalten soll – welche Chance kann Batman, ein Mensch, schon gegen Superman haben? Dieser lang antizipierten, vom Titel des Films aufgeworfenen Frage stellt dieser sich konkret ausgespielt nur wenige Minuten. Das ist enttäuschend. Tatsächlich aber geht es um den Dawn of Justice. Dieser Film setzt den Anfang für die von DC geplante Franchise der „Justice League America“.


Dennoch: Ein Kinoerlebnis!
Dennoch ist Batman vs. Superman aufregendes Kinoerleben: Es ist große, filmische Inszenierung, szenenweise rasantes, cooles Actionkino – ein weit überdurchschnittlich gelungener Genre-Film, der atmosphärisch gelungen in die Comic-Welt einlädt. Der Film macht auf seine ernsthafte Weise Spaß, er ist stimmungsreich und bildgewaltig. Er ‚funktioniert‘. Und vermutlich ist es auch nicht richtig, wie sich nun auch diese Kritik zu Schulden kommen lässt, Snyders Reihe an Nolans zu messen. Es ist nur so verdammt schwer, es nicht zu tun. Zack Snyder steht mitunter für bildgewaltige Kriegsinszenierungen, denen eine eigene, durchschimmernde Aura des Extremen und des Surrealen innewohnt. Diese Erwartung wird nicht enttäuscht.

BATMAN VS SUPERMAN. DAWN OF JUSTICE (USA, 2016) || Regie: Zack Snyder || Drehbuch: Chris Terrio, David S. Goyer || Ben Affleck, Henry Cavill, Amy Adams, Gal Gadot, Jesse Eisenberg || FSK 12 || 153min.

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