Ramona Raabe
  • Von Igelkindern und Wasserdämonen – Erste gedruckte Schreibversuche
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Von Igelkindern und Wasserdämonen – Erste gedruckte Schreibversuche
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Erste Geschichten

Als ich klein war und noch nicht schreiben konnte,  habe ich meinem Vater die Geschichten diktiert. Ich weiß noch, wie ich in seinem Arbeitszimmer im Dachboden unseres Hauses stand, direkt neben ihm, der am Schreibtisch saß, und ich war stehend ungefähr auf seiner Augenhöhe. Aber da schaute ich gar nicht hin, sondern auf den Bildschirm und erzählte und sah aufgeregt zu, wie der einem als Kind doch so allmächtige und allwissende Erwachsene es schaffte, das, was ich sagte, sofort in Buchstaben umzuwandeln und festzuhalten. Ich glaube, das war meine Sorge. Dass meine Geschichte sonst vergessen wird, auch von mir selber. „Speichern!“ In den späten 90er-Jahren wurde viel mit Microsoft Word gearbeitet und es gab doch diese sogenannten ‚Clip-Arts‘. Das waren kleine Comics, die irgendwie Teil des Programms waren, und unter Bearbeiten –> Einfügen –> Grafik –> Clip-Art konnte man sich Figuren und Bildchen aussuchen, wenn ich mich recht erinnere. Das musste mein Papa dann auch noch machen. Wir mussten nach Bildern suchen, die zu meiner Geschichte passten, und das wurde so entschieden, dass ich „Halt! Stop!“ ausrief, wenn ich etwas sah, das ich gut fand. Ich bin voll Liebe und Dankbarkeit für meinen Vater, dass er schrieb, und hielt, und stoppte und einfügte, und am Ende, das wollte ich dann auch noch, ausdruckte. Natürlich auf einem dieser zeitgenössischen modernen Farb-Tintdrucker, der lautstark das ganze Tischlein zum ruckeln brachte, sobald es in Arbeit war. Auch das fand ich irre. Dass diese Maschine sofort meine Geschichte farbig ausspuckte. Mit den Clip-Arts, natürlich.

Erste Schreibversuche

Und dann kam die Grundschule und ich lernte es, dieses Schreiben. Das Entcodifizieren der geheimen Erwachsenensprache des ABC. Dann musste ich meinem  Vater nicht mehr diktieren, und ich habe selbst geschrieben. Meine ersten Versuche waren Tier-, Monster- und Liebesgeschichten (meistens in Kombination), vor allem aber sowas wie „Fabeln“, das nannten die Erwachsenen so und ich dann auch; jetzt wo ich weiß, was das eigentlich ist, stimme ich dem nicht unbedingt zu.

Für mich sind die Geschichten deshalb von persönlicher Bedeutung, weil sie eine besondere Annäherung für mich ermöglichen, nämlich ein wenig zu erfahren, welche Gedanken sich damals in dem Kopf meiner Kindheit abspielten. Ich war – offensichtlich – ein ziemlich altkluges Kind. Ich bin ja ganz glücklich, dass man das offenbar auch noch toll und nicht nur nervig fand.

Erste Veröffentlichungen

Und weil ich noch klein war, fand man diese simplen, kurzen Geschichten interessant und der Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlichte zwei davon, eine 1999, meine allererste „Die Igelkinder Rotnase und Blaunase“, und eine in 2001, „Der Wasserdämon Grony“, die hatte ich eigentlich für eine Deutsch-Hausaufgabe geschrieben. Ich weiß nicht mehr genau, was da die Aufgabe war. Aber der Stadt-Anzeiger bat mich, noch Bilder zu malen. Lediglich (die vielen) Rechtschreibfehler verbessert.

Die Geschichten habe ich nun unter „Multimedia“ in der Rubrik „Presse“ hochgeladen.

Da kann man die Veröffentlichungen erkennen, aber wer an seinem Computer nicht an Inhalte zoomen kann, hat es vielleicht schwer, sie zu entziffern. Deshalb tippe ich sie an dieser Stelle noch einmal ab.

Jetzt nehme ich ein bisschen die Rolle meines Vaters ein.

Die Igelkinder mit der bunten Nase (1999)

Sie wurden sehr oft ausgelacht

Es war einmal ein Igelpärchen, das liebte einander sehr. Sie bauten zusammen ein Nest. Und das Weibchen bekam ein Kind und noch ein Kind und noch ein Kind und noch ein Kind und noch eins und noch eins. Und eines Tages ein kleines Kind. Aber wo war seine schöne schwarze Nase geblieben? Seine Nase war rot. Der Vater sagte: „Wirf das Ding hier raus. Es ist vom Teufel besessen.“ Die Mutter ließ es gleich los und verscheuchte es. Die sechs Geschwister lachten es nur aus und nannten den kleinen Igel Rotnase.

Weiter östlich lebte ebenfalls ein Igelpärchen. Die bauten auch ein Nest und bekamen auch sieben Kinder. Aber eines von den sieben Kindern hatte eine blaue Nase. Die Geschwister nannten es deshalb Blaunase und lachten es auch nur aus. Die Mutter hatte Angst, dass es krank wäre und der Vater dachte, es wäre ein Gespenst.

Die beiden Igelkinder Rotnase und Blaunase hatten das gleiche Problem. Sie hatten kein Zuhause mehr und sie hatten beide eine komische Nase. Nur die Nase von Rotnase war rot und die Nase von Blaunase war blau, und dass Rotnase ein Junge war und Blaunase ein Mädchen.

Sie gingen beide nach Süden zum Eichenbaum. Beide hatten Angst, dass jemand sie auslachen würde. Deshalb hatten sie ihre Nasen mit Schlamm vollgeschmiert. Das sah aus wie schwarze Nasen. Schließlich trafen sie sich und keiner von den beiden wüste, dass der andere auch eine andere Nase hatte. Aber schließlich sagte Blaunase: „Du, sollen wir Freunde werden?“ „Ja, ja! Na klar!“, sagte Rotnase. „Prima“, sagte Blaunase. Sie wurden die besten Freunde. Sie gingen zusammen ins Kino und sie gingen spazieren. Sie gingen sogar zusammen schwimmen.

Aber einmal fiel der Schlamm ab und jeder erkannte, dass er nicht der einzige Igel mit bunter Nase war. Erst waren sie ganz erschrocken. Doch dann mochten sie sich noch viel mehr. Sie stupsten sich mit der Nase an, und nach ein paar Monaten wurden sie erwachsen. Dann wurden sie Mann und Frau. Und dann stellten sie auch noch fest, dass die bunten Nasen den Vorfahren gehörten und die schwarzen Nasen anders waren. Und Rotnase hieß von nun an Hugo und Blaunase Pauline. Sie bekamen Kinder.

Die Kinder hatten bunte Nasen und die bekamen auch Kinder, und von denen die Kinder bekamen auch Kinder. Und von nun an waren die schwarzen Nasen selten. Aber das ist heute doch ganz egal. Es ist doch alles eine Gemeinschaft. Alle sind Igel, und das ist doch die Hauptsache. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Ramona Roswitha Raabe (7), Erpel

………. Der Anzeiger hat die Geschichte umbenannt. Ich habe sie „Die Igelkinder Rotnase und Blaunase“ genannt, und einen Untertitel gab es nicht.

"Die Igelkinder Rotnase und Blaunase" - erste veröffentlichte Kurzgeschichte || Kölner Stadt-Anzeiger 1999 || Ramona Raabe Illustration erster kleiner Geschichte

„Hilfe, ein Wasserdämon!“ (2001)

Grony ist sehr traurig – alle haben Angst vor ihm

Tief im Dschungel konnte es nicht tropischer sein. Die Vögel zwitscherten, der Regenbogen ließ alle lachen, das Fließen des Wasserfalls, das Wachsen der Natur und der riesengroße Horizont machten ihn zum schönsten Platz der Welt. Einmal hüpfte ein kleines Rehkitz zum Wasserfall, um sich einen kleinen Schluck Wasser zu genehmigen. Doch da hörte es den Fluss beben und bekam schreckliche Angst. Es rannte schreiend zur Mutter: „Mamiii! Ein Ungeheuer! Hülfeee! Bitte!“

Und die Tage vergingen. Immer mehr Tiere wurden Augenzeuge eines kleinen, jedoch gefährlichen Wasserdämons. „Ich habe ihn persönlich gesehen, er hat ganze sechs Beine! Und direkt nach den Beinen kommt nur ein ganz kleines Stück Körper, nein, ich sag euch, das ist sein Hals! Außerdem folgt dann sein hässlicher Kopf mit den grellgelben Augen! Ganz glitschig ist er und grün!“, meinte der Braunbär.

„Du hast vergessen, dass ihm sein zweites langes Bein fehlt!“, erinnerte ihn Butterfly, der gelbrote Schmetterling. Und so sah man kaum Tiere aus dem Wasserfall trinken. Wenn, kamen sie nur in kleinen Grüppchen, in der Hoffnung, der Wasserdämon würde es nicht wagen, alle auf einmal anzugreifen. Die Gerüchte wurden immer schlimmer und schlimmer. Nun hieß es sogar, er wäre 20 Meter hoch und zehn Meter breit. Das war natürlich alles nur blendender Unsinn.

Ein junger Fuchs hatte schrecklichen Durst und er hatte es furchtbar satt, aus ganz kleinen Regenpfützen zu trinken. So schlich er sich eines Tages aus dem Bau der Mutter und lief zum Wasserfall. „Wunderbar, einfach wunderbar! Von wegen Riesenmonster und vergammeltes Wasser! Es ist herrlich frisch!“, sagte der kleine Fuchs. Doch dann bebte das Wasser wieder.

Der kleine Fuchs bekam panische Angst. Er war viel zu steif, um wegzurennen. Er schrie aus Leibeskräften, doch es kam kein Ton heraus. Gleich würde das Monster rauskommen und ihn vermutlich verschlingen! …9…8…7…6…5…4…3…2…1…0. Ein glitschiger kleiner Wasserdämon in der Größe eines Hasen zeigte sich. Er… er weinte. Der Fuchs wusste nicht, was er tat, als er fragte: „Was ist los? Ich heiße Fox.“ „Ich… b…bin so ..a…alleine! Niemand mag mich. Ich bin doch d…der große hässliche Wasserdämon! I…Ich heiße Grony, aber das interessiert dich doch so… sowieso nicht!“ Da verschwand der furchtbar niedergeschlagene Dämon wieder.

Nun besuchte Fox Grony jeden Tag. Das erfreute beide sehr. Fox‘ Angst war wie weggeblasen. Auch bei den anderen Tieren wurde Grony beliebter und beliebter. Allmählich mochten sich beide immer mehr. Auch das Rehkitz besuchte Grony. Sie verabredeten sich, sie schwammen zusammen, die lachten zusammen. Sie waren unzertrennliche Freunde.

Dort konnte es nicht tropischer sein. Die Vögel zwitscherten, der Regenbogen ließ alle lachen, das Fließen des Wasserfalls, das Wachsen der Natur und der riesengroße Horizont machten ihn zum schönsten Platz der Welt.“

Ramona Roswitha Raabe, neun Jahre, Erpel

… Auch hier benannte der Anzeiger die Geschichte, ursprünglich eigentlich nur „Der Wasserdämon Grony“, um, und fügte einen Untertitel hinzu.

Kölner Stadt-Anzeiger 2001 Ramona Raabe

 

2002 erschien auf dem thailändischen Markt dann eine kleine Kurzgeschichtensammlung von mir (zweisprachig, auf Thai und auf Deutsch), die ebenfalls den Titel Die Igelkinder Rotnase und Blaunase trug. Das kleine Büchlein wurde vor allen in Sprachschulen gelesen, in denen Deutsch gelernt wurde.

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